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Elektronische Zeiterfassung wird Pflicht: Was Unternehmen jetzt gesetzlich umsetzen müssen

  • Autorenbild: Kai Surmann
    Kai Surmann
  • 11. Dez.
  • 3 Min. Lesezeit

Die elektronische Zeiterfassung ist in Deutschland längst Pflicht – und betrifft alle Arbeitgeber, unabhängig von Branche oder Unternehmensgröße. Seit dem EuGH-Urteil von 2019 und der klaren Bestätigung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von 2022 müssen Arbeitszeiten verlässlich, objektiv und vollständig dokumentiert werden. Doch wie genau funktioniert die Umsetzung? Welche Systeme sind erlaubt – und was verlangt die DSGVO? Dieser Beitrag fasst die wichtigsten rechtlichen Vorgaben zusammen und zeigt praxisnah, wie Unternehmen jetzt handeln müssen.



Mitarbeiterin erfasst ihre Arbeitszeit an einem elektronischen Zeiterfassungssystem – moderne Umsetzung der elektronischen Zeiterfassung Pflicht im Unternehmen.
Foto von Susanne Plank: https://www.pexels.com

Rechtliche Grundlage der elektronischen Zeiterfassung


EuGH-Urteil und BAG-Klarstellung als Auslöser der Pflicht


Die Notwendigkeit der systematischen Arbeitszeiterfassung beruht auf zwei

zentralen Pfeilern:


  1. Das Stechuhr-Urteil des EuGH (2019): Der EuGH stellte fest, dass die EU-Arbeitszeitrichtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein objektives, zuverlässiges und zugängliches System zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeit einzurichten,

    um den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

  2. Die BAG-Folgeentscheidung (2022): Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Beschluss bestätigt, dass diese Pflicht bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) in Verbindung mit der EuGH-Vorgabe folgt. Die Pflicht besteht für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Branche oder Unternehmensgröße.


Wichtig: Obwohl ein finales deutsches Umsetzungsgesetz noch aussteht, ist die Pflicht zur Zeiterfassung durch das BAG-Urteil bereits geltendes Recht. Die Aufzeichnung muss den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit umfassen.



Wege zur praktischen Umsetzung der Pflicht für elektronische Zeiterfassung


Elektronische Systeme als zuverlässiger Goldstandard


Der Gesetzgeber gibt keine konkrete Technologie vor, doch angesichts der Forderung nach einem "zuverlässigen" und "objektiven" System drängt sich die elektronische Lösung auf.


Unternehmen können die Pflicht für die elektronische Zeiterfassung mit verschiedenen Methoden erfüllen:


  • Zeiterfassungsterminal, z.B. via Stempeluhr,

  • Stationäre Geräte, z.B. Chipkarte, Fingerabdruck, RFID-Transponder am Ein-/Ausgang des Betriebs,

  • Mobile Apps & GPS-Lösungen, beispielsweise eine Erfassung über Smartphone-Apps, ideal für Mitarbeiter im Außendienst, auf Baustellen oder im Homeoffice.

  • Software-Lösungen, sogenannter Web-Client: Erfassung über den Browser im Intranet oder über spezielle Zeiterfassungssoftware am PC.

  • Excel-Listen / manuelle Erfassung. Die händische Aufzeichnung auf Papier oder in einfachen digitalen Listen.


Achtung: Die manuelle Erfassung ist zwar erlaubt, aber fehleranfällig und erfüllt die Anforderung an "Objektivität" und "Zuverlässigkeit" oft nur bedingt. Elektronische Systeme sind der Goldstandard.



Datenschutzanforderungen bei der Arbeitszeiterfassung


DSGVO-Vorgaben und Grenzen bei Standortdaten


Die Erfassung von Arbeitszeiten ist die Verarbeitung personenbezogener Daten und unterliegt damit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).


Unternehmen müssen folgende Punkte beachten:


  • Datensparsamkeit: Es dürfen nur die für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes notwendigen Daten (Beginn, Ende, Dauer) erfasst werden. Zusätzliche Daten wie Pausen- und Krankheitsgründe müssen klar getrennt werden.


  • Speicherbegrenzung: Die Daten dürfen nur so lange gespeichert werden, wie sie für die Einhaltung gesetzlicher Pflichten (z. B. Nachweispflichten) erforderlich sind.


  • Standortdaten (GPS): Die Erfassung von Standortdaten (Geotracking über App) ist extrem sensibel und nur unter sehr strengen Voraussetzungen (z. B. dringende Notwendigkeit für die Tätigkeit und Freiwilligkeit) zulässig. Eine permanente Überwachung ist unzulässig.


  • Betriebsvereinbarung: Vor der Einführung eines Systems muss in Unternehmen mit Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht beachtet und eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, die alle datenschutzrelevanten und organisatorischen Details regelt.



Fazit: Gesetzliche Pflicht und Chance für moderne Arbeitsmodelle



Die elektronische Zeiterfassung ist kein optionales Goodie, sondern eine gesetzliche Pflicht. Sie dient nicht nur der Rechtssicherheit des Unternehmens, sondern auch dem Schutz der Mitarbeiter. Wer jetzt auf ein datenschutzkonformes, flexibles und elektronisches System umsteigt, sichert sich gegen Bußgelder ab und schafft gleichzeitig die Basis für moderne, flexible Arbeitsmodelle.



Für eine rechtssichere Einführung elektronischer Zeiterfassungssysteme stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Kai Alexander Surmann, Rechtsanwalt bei PJM + Partner, unterstützt Unternehmen bundesweit bei der datenschutzkonformen Umsetzung und allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen rund um die Arbeitszeiterfassung.

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