BGH bestätigt: Hausarzt Vermächtnis – Grundstücksübertragung trotz Zuwendungsverbot möglich
- Sophie K. Palaschinski

- 14. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Der BGH (02.07.2025 – IV ZR 93/24) stellt klar: Die Übertragung eines Grundstücks an den behandelnden Hausarzt im Vermächtnisweg kann nicht mit dem berufsständischen Zuwendungsverbot ausgehebelt werden. Testierfreiheit (Art. 14 GG) hat Vorrang. Zugleich verweist der Senat die Sache zurück: Das Berufungsgericht muss die Vereinbarung noch auf Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) prüfen.

BGH stärkt Testierfreiheit: Grundstücksvermächtnis an Hausarzt zulässig
Hintergrund des Falls: Grundstücksvermächtnis an den behandelnden Hausarzt
Es klagte der für die Verwaltung des Vermögens eines Hausarztes eingesetzte Insolvenzverwalter gegen die Erbin des Patienten. Der im Jahr 2018 verstorbene Erblasser befand sich seit 2015 in Behandlung seines Hausarztes und wurde zudem von der Beklagten gepflegt. Im Januar 2016 kam es dann zum Abschluss eines notariellen Vertrags mit der Bezeichnung „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“. In den Vertrag einbezogen wurden neben Hausarzt und dem Erblasser auch die ihn pflegende Beklagte und deren Tochter.
Gegenstand des Vertrags war die Verpflichtung des Arztes zu einer Reihe medizinischer Behandlungsleistungen (u.a. medizinische Beratung und Behandlung, Hausbesuche und telefonische Erreichbarkeit). Im Gegenzug sollte er im Falle des Todes des Erblassers eines seiner Grundstücke erhalten.
Mit notariellem Testament aus März 2016 hielt der Erblasser dann fest, dass die Beklagte Alleinerbin hinsichtlich des übrigen, nicht von dem vorbezeichneten Vertrag erfassten Vermögens werden sollte. Als schließlich im Dezember 2019 über das Vermögen des Hausarztes das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hielt sich der Kläger hinsichtlich der vereinbarten Grundstücksübertragung an die Beklagte, wogegen diese sich wehrte.
Berufsordnung und Zuwendungsverbot für Ärzte: Grenzen des § 32 BO-Ä
Die Klage wurde durch das Landgericht (LG) Bielefeld abgewiesen, das Oberlandesgericht (OLG) Hamm als Berufungsgericht sah in der Regelung ein Vermächtnis, verneinte jedoch einen Anspruch auf Übertragung des Vermächtnisgegenstandes mit Hinblick auf die Regelung in § 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der örtlich zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä).
Darin sah das OLG ein gesetzliches Verbot, Zuwendungen von Patienten anzunehmen, gegen das mit der Vereinbarung zur Grundstücksübertragung als Gegenleistung für ärztliche Behandlungen verstoßen worden sei. Insofern sei die Testierfreiheit zulässigerweise eingeschränkt.
BGH: Testierwille hat Vorrang
Der klagende Insolvenzverwalter legte gegen die Entscheidung Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun zu seinen Gunsten. Auch wenn sich nicht mit der Frage befasst wurde, ob die Grundstücksübertragung entsprechend der getroffenen Vereinbarung tatsächlich eine nach der Berufsordnung untersagte Zuwendung darstellt, so könne hierdurch nach Auffassung der Richter jedenfalls die Testierfreiheit nicht beschränkt werden.
Die Regelung in § 32 Abs. 1 S. 1 BO-Ä betreffe das Verhältnis zwischen Arzt und der Ärztekammer und ziele zudem darauf ab, „die Unabhängigkeit des behandelnden Arztes sowie das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft zu sichern“.
Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) grundrechtlich geschützte Testierfreiheit könne ausschließlich durch Parlamentsgesetz eingeschränkt werden. Ein solches liege aber gerade nicht in der Norm des Berufsverbandes. Im Übrigen sei eine derartige Einschränkung der Testierfreiheit auch unverhältnismäßig.
Nächster Prüfungsschritt: Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) vor dem OLG
Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, wo die Vereinbarung nunmehr im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen die guten Sitten geprüft werden wird.
Konsequenzen für Erblasser, Angehörige und Ärzte
Erblasser*innen: Vermächtnisse zugunsten des Hausarztes sind möglich, sollten aber transparent begründet und notariell sauber strukturiert werden.
Angehörige: Anfechtung nicht allein mit Berufsordnung begründbar; Sachverhalt und Gegenleistung prüfen.
Ärzt*innen: Berufsrecht beachten, Dokumentation und Unabhängigkeit sichern; keine aktive Einflussnahme.
Kurzfazit
Hausarzt Vermächtnis BGH bedeutet: Testierfreiheit geht vor Zuwendungsverbot. Ob die Zuwendung wirksam bleibt, entscheidet die Sittenwidrigkeitsprüfung im Einzelfall.


